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Oftmals bis aufs Blut geschröpft

Kleine Chronik des einstigen "Ackerbürgerdorfes"

Von Iris N. Masson - Originallink: (Newsklick.de)

Vor- und frühgeschichtliche Funde – keine Seltenheit im Kreisgebiet Peine. Allerdings lassen sie keine lückenlose Rückdatierung auf jeweilige Ortsgründungen zu. Der Fall Dungelbeck jedoch liegt anders: Ausschachtungen im Jahre 1952 förderten Gefäßscherben zutage, die auf das fünfte und sechste Jahrhundert verweisen. Eine Ansiedlung bestand also schon, als die Sachsen, Angeln und Jüten auf ihrer Völkerwanderung von Norden nach Süden vordrangen.

Nach der Christianisierung durch Karl den Großen entstand um 803 das Hochstift Hildesheim, das seinen Verwaltungsbezirk mittels Einteilung in Diakonate übersichtlich gestaltete. Schmedenstedt kam solch ein Diakonat zu, dem Dungelbeck unterstellt war. Um 1000 herum soll die erste Kirche entstanden sein. Gegen 1200 eine weitere, von der noch heute der romanische Westturm kündet.

Das älteste offizielle Dokument, 1053 erlassen von Kaiser Heinrich III auf dem Reichstag zu Worms, weist "Dungerbicki" als Schenkung aus: "Herr Heinrich, der Unbesiegte und Erhabene" verbrieft darin Bischof Etzelin zu Hildesheim "den ganzen früheren Besitz des geächteten Tiemo, darunter Grundstücke, Gebäude, männliche und weibliche Hörige".

Der Name "Dungelbeck" etablierte sich endgültig erst 1757 – zuvor hatte er einige Wandlungen durchlaufen, wobei die Gelehrten über seinen Ursprung nach wie vor streiten. Fest steht jedoch, dass der Ort von allen Fehden um Peine stets direkt betroffen war. So im Dreißigjährigen Krieg: Als Opfer der Kaiserlichen, kurz darauf der Schweden, bald wiederum der Braunschweiger oder später der Hessen wurden die Dungelbecker bis aufs Blut geschröpft und auf den letzten Bissen Brot und Vieh geplündert.

Kaum genesen von diesen Wunden folgte der Siebenjährige Krieg mit anschließenden hohen Kontributionsforderungen. War das Darben leidlich überwunden, brach die nächste Not über Dungelbeck ein: 1779 vernichtete eine verheerende Feuersbrunst 26 Gehöfte. Doch kaum hundert Jahre später begann eine neue Zeit für den Ort, als man 1855 bei Groß Bülten die Eisenvorkommen entdeckte.

Mit Gründung der Ilseder Hütte 1858 und Bau des Peiner Walzwerkes 1872 wandelte sich die rein landwirtschaftlich geprägte Gegend zur Industrielandschaft. Dungelbeck wurde beliebter Lebensmittelpunkt für die Stahlarbeiter. Auf mehr als das Doppelte stieg die Zahl der Wohnungen im Zeitraum von 1870 bis 1914. Ihr Heizmaterial bestand teilweise in den am Breitenanger und der Bullenwiese abgebauten Torfbrüchen. Sie erlebten nach dem Zweiten Weltkrieg eine Renaissance, als Kohlen Mangelware waren.

Nach Aufgabe vieler Höfe zugunsten des Verdienstes in der Industrie konnten Ernteerträge hoch gehalten werden, denn 1860 erfolgte erstmalig der Einsatz von Kalisalz als Kunstdünger, entwickelte sich im Kreis Peine der Zuckeranbau. Dennoch: Seit den 70-er Jahren des 20.Jahrhunderts hat das Bauernsterben in Dungelbeck angehalten. Heute sind es gerade mal drei Vollerwerbslandwirte, die noch für ein wenig ländliches Flair in dem einstigen "Ackerdorf" sorgen.

Und die vielen Vereine: Junggesellschaft, Landfrauen, Chöre, Taubenzucht, Hartbrothers, Bogensportclub, Schützengesellschaft oder die Freiwillige Feuerwehr – um nur einige zu nennen – machen heute die Dorfgemeinschaft von Dungelbeck aus. So sind sie in die Jubiläumsfeier eingebunden und leisten ihren Beitrag zu einem gelungenen Fest.


Newsklick.de, Donnerstag, 22.05.2003