Arbeiterverein steht in der sozialen Pflicht
Dungelbecker Verein feiert im Juni 100. Geburtstag /
Umfangreiche Festschrift / Eintrittsalter wird großzügig
gehandhabt
Dem verpflichtenden Leitsatz „Lasst in der Freundschaft treuem
Walten uns ferner auch zusammenhalten“ sind die Mitglieder des
Arbeitervereins Dungelbeck gerade in den schweren Zeiten zweier
Weltkriege und danach gefolgt – seit 1905. Wenn der Verein am 11.
Juni seinen 100. Geburtstag feiert, spiegelt sich in diesem Ereignis
neben der Pflege der Geselligkeit, Kameradschaft und der sozialen
Unterstützung auch ein Stück der Geschichte des Peiner Walzwerkes
und der Ilseder Hütte wider. Von Manfred
Reichel Peine-Dungelbeck. Jetzt geht die nach gut einem
halben Jahr vom Vorstand fertig gestellte Festschrift zum
100-jährigen Bestehen in den Druck. Sie ergänzt die in der
Dungelbecker Dorfchronik aus wissenschaftlicher Sicht dargestellte
Geschichte des Arbeitervereins, einem der wenigen noch bestehenden
im Peiner Land. „Wir porträtieren das Vereinsleben mit starker
sozialer Ausrichtung und die Aktivitäten der Mitglieder. Erstmals
kommen Anekdoten und Skandälchen von Sitzungen, Festen, Fahrten und
Kameradschaftsabenden zur Sprache – schwarz auf weiß, aber nicht
immer mit Namen“, erläuterte Vorsitzender Wilhelm Tollnick.
Beispielsweise musste sich der Vorstand Mitte der 50 Jahre mit dem
Vorwurf der Selbstbereicherung herumplagen. Einmal verließ der
Vorsitzende im Verlauf einer Diskussion erbost die Versammlung und
legte für kurze Zeit sein Amt nieder. Außerdem besticht die
Festschrift, die der Vorstand in Detailarbeit erstellt hat, durch
einen großen Bilderteil. Der vermittelt Momentaufnahmen etwa von
Ausflügen und Busfahrten, veranschaulicht ebenso die Präsenz des
Vereins bei Dorfveranstaltungen wie Schützenfesten oder bei den
Jahrfeiern zum 900. beziehungsweise 950. Geburtstag Dungelbecks.
Seit der Gründung im Juni 1905 sind alle Kassen-,
Mitgliedsbücher und Protokolle der Sitzungen erhalten. „Die
Ereignisse sind knapp, sachlich und meistens emotionslos
dargestellt. Die interessantesten Dinge müssen oft zwischen den
Zeilen gelesen werden“, so Hella Heubach-Diercks. Sie ist nicht
Mitglied des Arbeitervereins, hat jedoch die Texte für die
Festschrift geschrieben, für die schon 30 Bestellungen vorliegen.
Zwischen 1906 und 1937 gehörte nahezu jeder Arbeiter in
Dungelbeck dem Arbeiterverein an, dem sich schon bald Angestellte
und Beamte anschließen konnten. Mussten seinerzeit die
Eintrittswilligen jünger als 40 Jahre sein, wird inzwischen auch ein
„Eintrittsalter von 70 Jahren großzügig gehandhabt“. Heute reicht
ein einstimmiger Vorstandsbeschluss für eine Neuaufnahme, für die
früher die Versammlung einstimmig votieren musste. Seit der
Euro-Umstellung im Jahr 2002 entfällt die Aufnahmegebühr. Derzeit
beträgt die Mitgliederzahl 60, in guten Zeiten lag sie weit über
100. Gleichwohl ist Vorsitzender Tollnick optimistisch, dass der
„schon 1970 totgesagte Arbeiterverein“ ein gute Zukunft vor sich
hat. So treten wieder jüngere Leute ein. Familien mit Kindern sind
gern gesehen bei Busfahrten. Sie bekommen Preisermäßigung.
Ebenso wie die beiden Kegelgruppen floriert die Schießgruppe,
für die eigens zwei junge Schießwarte aus dem Verein ausgebildet
wurden. Einzelheiten zum 100. Geburtstag am 11. Juni werden
rechtzeitig mitgeteilt. Nur sicher ist jetzt schon: Drei Tage, wie
beim 50-jährigen Bestehen im Jahr 1955, wird dieses Mal nicht
gefeiert. |