zurück

Kriegschronik Dungelbeck


Ausgabe: PAZ  Datum: 03.02.2005

„Wut und Trauer“ empfunden beim Lesen der Feldpostbriefe

Anfang April gibt das Stadtarchiv eine Quellen-Editionsreihe heraus, startet mit der „Kriegschronik“ und Ilse Horstmann veröffentlicht Schreiben 1939-1945

Peine-Dungelbeck (el). Gleich zwei Mal tritt Dungelbeck Anfang April ins Rampenlicht. Dann startet das Stadtarchiv mit der Dungelbecker „Kriegschronik“ seine neue Quellen-Editionsreihe. Gleichzeitig erscheint die Broschüre „Feldpostbriefe von Dungelbecker Bürgern 1939 bis 1945“. Darin dokumentiert Ilse Horstmann den in der Editionsreihe unberücksichtigten Teil der „Kriegschronik“ sowie Privatunterlagen von Familienangehörigen.
Zufällig kam im Herbst 2003 die Kriegschronik ans Tageslicht, die der damalige Hauptlehrer Dungelbecks, Georg Bösche, erstellt hat. Jeder Ort musste solche Chronik nach den genauen Richtlinien der NSDAP in Erwartung des „Endsieges“ anlegen (PAZ berichtete). Aber der Aussagewert der Niederschriften als parteiamtliche und zentral kontrollierte Sammlung der Nazis ist begrenzt. Deshalb geht der Historiker Jens Binner den Aufzeichnungen über Kriegsereignisse in Dungelbeck wissenschaftlich und kritisch auf den Grund.
Ilse Horstman hat neben den Abschriften der Lebensläufe und Feldpostbriefen von den Soldaten aus Dungelbeck – damals von Bösche zusammengetragen – weiteres Material von betroffenen Privatleuten erhalten und eingearbeitet: beispielsweise amtliche Todes-Benachrichtigungen, kirchliche Beerdigungsreden und eine Parteirede bei einer offiziellen Trauerfeier.
Horstmann hat alle Briefe von Dungelbecker Soldaten an Eltern und Ehefrauen innerhalb von knapp zwei Jahren per Computer erfasst. „Mit Hilfe von Reinhold Kühne habe ich die teilweise in Sütterlin abgefassten Feldpostbriefe ins Lateinische übertragen“, sagte die ehemalige Sekretärin bei VW. Sie hat die Übertragungsarbeit in der dunklen Jahreszeit erledigt. Das sei ihr doppelt aufs Gemüt gegangen, sagte Horstmann. Aber das hätte nichts geändert an ihrer Wut und ihrer Trauer, die sie empfand beim Lesen der Briefe, denen sie mit der Veröffentlichung in der 130 Seiten starken Broschüre nachträglich ein „Gesicht geben“ wolle. Sie habe oft geweint beim Versuch, sich ein Bild zu machen von der Persönlichkeit vor allem junger Soldaten, die in den letzten Kriegswochen gefallen sind. „Deutschland müsse leben, auch wenn wir sterben“, lautete der Trost in einer Benachrichtigung vom Tod eines Dungelbecker Soldaten.