Den Dichter Friedrich Bodenstedt (1819-1892), Ehrenbürger
Peines, und
Werner von Siemens (1816-1892), Gründer des
gleichnamigen Konzerns,
verband eine große Gemeinsamkeit: Die Liebe
zum Kaukasus.
Peine/Dungelbeck (el). Es waren die
Werke Bodenstedts wie „Tausend und ein Tag im Orient“ und „Die
Lieder des Mirza-Schaffy“, die den weltberühmten Industriellen so
anregten, dass er dreimal in den Kaukasus reiste. Noch heute
erinnert man sich in der georgischen Hauptstadt Tiflis „voller Stolz
an Bodenstedt und von Siemens – zwei große Deutsche“.
Diese
nachhaltige Wertschätzung überraschte den Dungelbecker Rainer
Kielhorn schon. Der ehemalige Lehrer (Englisch, Deutsch) am
Gymnasium Am Silberkamp sprach kürzlich auf Einladung des deutschen
Goethe-Instituts in Tiflis im Rahmen der Vortragsreihe „Berühmte
Deutsche im Kaukasus“ über den Peiner Dichter. Bei diesem
Bodenstedt-Tag trugen Künstlerinnen, alle Dozentinnen am Tifliser
Konservatorium, auch Lieder aus dem Mirza-Schaffy auf Deutsch vor.
Nach der Veranstaltung wurde Kielhorn von einem älteren Herrn
angesprochen. Er habe sich intensiv mit Bodenstedt beschäftigt, ließ
er den Dungelbecker wissen. Denn der Peiner Schriftsteller hielt
sich von 1841 bis 1848 als Lehrer in Moskau, beziehungsweise in
Tiflis auf. Dort bekam Bodenstedt entscheidende Anregungen für seine
spätere Reisebeschreibung „Die Völker des Kaukasus und ihre
Freiheitskämpfe gegen die Russen“ sowie die eingangs erwähnten
beiden Werke.
Der Tifliser Bürger stellte sich als Ingenieur
André Karbelaschwili vor. Der ehemalige Staatssekretär im
Postministerium der Republik Georgiens forschte auf dem Gebiet der
Geschichte der Telekommunikation seines Landes. Erst unlängst
veröffentliche Karbelaschwili, der über die Beziehungen Bodenstedts
und von Siemens zum Kaukasus im PAZ-Heimatkalender 1996 berichtete,
Artikel in der dortigen Presse über Bodenstedt. „Der große Deutsche,
der in Tiflis beliebt war“, lautete eine der Schlagzeilen.
Der
Dungelbecker hielt weitere Bodenstedt-Vorträge in den
germanistischen Abteilungen der Universitäten Kutaissi und Batumi.
Bei den Studenten sei der Peiner Dichter nicht so bekannt. Eine
Erklärung dafür könnte nach Ansicht Kielhorns das Alter der
Studenten sein. Sie sind mit 16 bis 17 Jahren recht jung. Nach der
10-jährigen Schulzeit schickten die Eltern ihre Kinder gegen ein
geringes Entgelt auf die Uni. Sonst wären die jungen Leute
arbeitslos.
Ähnlich wie Bodenstedt bereiste der Dungelbecker
Teile Georgiens auf eigene Faust. Teilweise in privaten Bussen,
wobei Reifen oder Kanthölzer notdürftig die Schlaglöcher bedeckten,
aber auch mit dem Zug. Sein Eindruck: Die Bevölkerung sei sehr arm.
Doch für Kielhorn war das nicht die letzte Kaukasus-Reise.
Wahrscheinlich geht es im Oktober 2005 erneut nach Georgien. Die
Universitäten Kutaissi und Batumi haben angefragt, ob der 65-Jährige
nicht ein Seminar über Theodor Fontane halten könnte. Dabei geht es
um das Thema starke Frauen – fest gemacht an den Hauptfiguren in den
Romanen „Irrungen, Wirrungen“, „Mathilde Möhring“ und „Frau Jenny
Treibel“.
Rainer Kielhorn mit einer georgischen Broschüre über Bodenstedt. Darin ist auch auf zwei Seiten in Deutsch die Bedeutung des Peiner Dichters für Kaukasien festgehalten | Auf dem Marktplatz in Peine begrüßt das Bodenstedt-Denkmal die Besucher. Archiv: Christian Bierwagen |
|
|